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Mit Kindern BNE (er-)leben
Mit Kindern die Themen der Welt aufzugreifen und damit vielleicht sogar gesellschaftlich etwas zu bewegen, hat Gabriele Wensky schon immer gereizt. Deshalb brauchte es nicht viel, um die Leitung des Elementarbereichs an der Deutschen Schule Athen für die Teilnahme am Erasmus+ Projekt Creative Storytellers (CST) zu begeistern.
Im letzten Jahr wurden bei uns in Athen zum ersten Mal, seit ich hier arbeite, alle Kindergärten und Schulen geschlossen. Es war einfach zu heiß. Alle blieben zu Hause und nutzten klimatisierte Räume oder fuhren an den Strand, um sich im Meer abzukühlen. Das Klima ändert sich, und wir haben zunehmend Verantwortung, uns mit den Kindern diesem Thema zu stellen. Die dramatischen Nachrichten von Waldbränden und davon, wie viel Lebensraum für Menschen und Tiere dadurch vernichtet wurde, geht an niemandem spurlos vorbei. Als ich vor 13 Jahren in Asien tätig war, waren wir es gewohnt, die Luftwerte zu beobachten, und zu gewissen Zeiten darauf zu achten, dass die Kinder sich nicht zu lange im Freien aufhielten. Inzwischen ist dieses Phänomen auch in Europa angekommen. Zunehmend erhalten wir Warnungen, Kinder nicht zu lange der Sonne auszusetzen. Dass ihre Eltern sie morgens mit Sonnenschutz eincremen, reicht nicht mehr aus. Im Laufe des Tages muss das Eincremen wiederholt werden. Üblich sind bei uns Sonnenschutzmittel bis Lichtschutzfaktor 50. In Asien gibt es für Kleinkinder und Babys inzwischen sogar Sonnenschutz mit Lichtschutzfaktor 130.
17 Ziele
Mit Eincremen ist es jedoch nicht getan. Wenn wir etwas für unser Klima tun wollen und dafür, dass die Kinder, mit denen wir täglich zusammen sind, positiv in die Zukunft blicken können, kommen wir nicht umhin, das Thema Nachhaltigkeit aufzugreifen. Mein persönlicher Leitspruch in solchen Momenten lautet: »Gemeinsam machen wir uns mit den Kindern auf den Weg und erkunden neugierig die Welt« – um dabei im besten Fall auch die Erwachsenen zu sensibilisieren. Deshalb informierten wir uns zunächst selbst, was es mit den 17 Nachhaltigkeitszielen, die 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, auf sich hat, und stellten fest, dass es dazu bereits eine Vielzahl an Materialien gibt. Allerdings zumeist für Kinder ab der Grundschule. Ein weiterer Anlass, uns gemeinsam mit den Kindern auf den Weg zu machen. Wir wollten, dass die Kinder zu Wort kommen, und das komplexe Thema Nachhaltigkeit aus ihrer Sicht mit Geschichten füllen.
Volldampf in die Zukunft
Während des ersten von insgesamt vier Treffen wurden wir im finnischen Oulu mit dem sogenannten STEAM-Prozess bekannt gemacht. Bei dieser Weiterentwicklung von MINT (englisch: STEM) geht es weniger um bestimmte Inhalte, die vermittelt werden sollen, sondern mehr um die Förderung von kritischem Denken, von Problemlösungsfähigkeiten, Kreativität und Zusammenarbeit. Es geht weniger um das Was und mehr um das Wie. Dabei kommt der Kunst, die durch das zusätzliche Akronym »A« (für englisch: Art) in STEAM abgebildet ist, eine besondere Bedeutung zu, da sie dem Wesen von Kreativität in Lernprozessen Raum gibt. Der STEAM-Prozess unterstützt Fachkräfte dabei, die Freude an der eigenen Kreativität neu zu entdecken und Kindern mehr Raum für deren eigene Kreativität zu geben. Ziel der vom STEAM-Prozess unterstützten Pädagogik ist es, Kinder darauf vorzubereiten, den zunehmend komplexen Herausforderungen in einer sich schnell verändernden Welt mit interdisziplinärem Denken und innovativen Problemlösungsfähigkeiten erfolgreich zu begegnen.
Eine gemeinsame Lösung
Im Workshop zum STEAM-Prozess bekamen wir zur Aufgabe, eine Maschine oder ein Gebäude zu bauen, die bzw. das eine Lösung für eines der 17 Nachhaltigkeitsziele darstellen könnte. Am Ende sollte mindestens eine Idee von jedem:r Teilnehmenden enthalten sein. Wir sollten also nicht die vermeintlich »beste« Lösung unter vielen finden, sondern, ähnlich wie wir es bereits vom Sustained Shared Thinking kannten, eine in der Gesamtidee und auch in der Umsetzung gemeinsame Lösung. Dafür durchliefen wir in Kleingruppen von sechs Personen die sieben Schritte des STEAM-Prozesses.
Zielsetzung
Lernt den STEAM-Prozess zur Erforschung eurer Team- und Kommunikationsfähigkeit kennen und macht euch dafür mit den 17 Nachhaltigkeitszielen vertraut.
Aufgabe
Plant und gestaltet eine Maschine oder ein Gebäude, die bzw. das eine Lösung für eines der 17 Nachhaltigkeitsziele darstellen könnte.
Recherche/Hintergrundwissen (10 min)
Tragt in eurer Kleingruppe zusammen, was ihr über das von euch gewählte Nachhaltigkeitsziel wisst.
Ideenfindung (10 min)
a) Überlegt euch – jedes Gruppenmitglied für sich – Ideen zum gewählten Nachhaltigkeitsziel und haltet diese auf eine frei gewählte Weise fest. Als Zeichnung, mit schriftlichen Notizen oder einer Mind Map oder auf andere kreative Weise.
b) Teilt eure Ideen mit eurer Kleingruppe.
c) Sprecht über gemeinsame und unterschiedliche Aspekte. Spinnt eure Ideen zusammen weiter, aber plant noch nichts Konkretes.
Planungsphase (5 min)
Jetzt könnt ihr starten, zu planen! Seid kreativ und mutig und werft dabei gern auch mal einen Blick auf die euch zur Verfügung stehenden Materialien. Beachtet, dass von den Ideen jedes Teilnehmenden etwas in die Planung einfließt. Am Ende sollen sich alle im Werk wiederfinden. Fangt noch nicht an, euer Werk zu bauen. Plant nur.
Ausführung (15 min)
Geht jetzt an die Ausführung. Bedenkt beim Bau des Prototyps eurer Maschine oder eures Gebäudes, dass von jedem Teilnehmenden etwas im Endprodukt enthalten sein soll. Macht euch Gedanken darüber, wie ihr eure Idee, euren Prozess und eure Lösung den anderen Gruppen vorstellt.
Vorstellung (15 min)
Jede Gruppe stellt ihr Ergebnis und ihren Prozess vor und bekommt Feedback von den anderen Gruppen.
Während des Prozesses fiel es uns schwer – und gerade das erkannten wir später als echte Lernkurve für unsere pädagogische Praxis –, mehr Zeit in die Ideenfindung zu investieren als in die Planung. Am Ende aber waren wir alle überrascht, was für tolle Dinge wir gestaltet hatten!
Die Deutsche Schule Athen (DSA) ist eine von 136 anerkannten Deutschen Schulen im Ausland. Sie wurde 1896 zunächst als Schule gegründet. Im Rahmen eines umfassenden Bildungsangebotes kam später ein Kindergarten für Kinder ab drei Jahren dazu. Insgesamt betreuen 70 Fachkräfte knapp 1.000 Schüler:innen von der Grundschule bis zur Allgemeinen Hochschulreife und 23 Fachkräfte 140 Kita- und Vorschulkinder in insgesamt neun Gruppen. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen kommen aus griechischen Familien, von den anderen Familien haben die meisten unterschiedliche persönliche Bezüge zu Deutschland. Die Erzieherin, Sozialpädagogin, Expertin für den Situationsansatz und Mediatorin Gabriele Wensky ist seit 2006 Leitung im Elementarbereich an Deutschen Schulen im Ausland. Zunächst in Singapur und seit September 2012 an der Deutschen Schule Athen.
Kontakt
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 07-08/2025 lesen.